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Gericht muss auch ein sog. Privatgutachten verwerten

Der Begriff des Privatgutachtens bedeutet nicht, dass der einseitig und außergerichtlich (und damit „privat“) beauftragte Sachverständige weniger kompetent ist. Häufig handelt es sich um einen öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen der IHK, der schon als gerichtlicher Gutachter tätig war; der entscheidende Punkt der – gegenüber einem gerichtlich beauftragten Sachverständigen zumindest geringeren Beweiskraft – ist jedoch, dass der einseitig bestellte Sachverständige eben von nur einer Seite beauftragt wird und damit parteiisch ist.

Nach der Entscheidung des BGH muss der Richter ein dem gerichtlichen Gutachten entgegenstehendes Privatgutachten erkennbar verwerten. Das Gericht darf also ein – bereits vorliegendes oder anlässlich eines gerichtlichen Gutachtens erst während des Prozesses eingeholtes – Privatgutachten nicht als beweisrechtlich unbeachtlich abtun. Es reicht auch nicht, wenn das Gericht nur floskelhaft und ohne sich mit dem Privatgutachten näher auseinander zu setzen dem gerichtlich bestellten Sachverständigengutachten deshalb mehr glaubt, weil dieser „sich in der Vergangenheit als fachkundig und kompetent“ erwiesen hat. Vielmehr muss das Gericht, wenn es aufgrund der gegensätzlichen Feststellungen des „Privatgutachtens“ Zweifel an dem gerichtlichen Gutachten hat, ggf. ein neues Gutachten einholen oder einen anderen gerichtlichen Sachverständigen bestellen (vgl. § 412 ZPO).

MAXIMILIAN KOCH, Rechtsanwalt, M.B.A.
LEDERER & PARTNER Rechtsanwälte
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Quelle: https://www.anwalt.de/rechtstipps/bgh-gericht-muss-auch-ein-sog-privatgutachten-verwerten_004676.html

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