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Wer Schimmel in seiner Wohnung entdeckt, sollte möglichst schnell handeln. Muss dann nur die Tapete runter, oder auch der Putz? Was bringt es, die Stellen mit Alkohol abzuwischen? Die wichtigsten Fragen an die Mikrobiologin Frau Szewzyk vom Umweltbundesamt.

SPIEGEL ONLINE: Wie sollte man vorgehen, wenn man Schimmelbefall in der Wohnung entdeckt?

Szewzyk: Zunächst muss die Quelle der Feuchtigkeit beseitigt werden, denn sonst bringt eine Sanierung gar nichts. Dann muss die feuchte Stelle trocknen. Zu Beginn der Sanierung sollten anschließend die befallenen Materialien entfernt werden.

SPIEGEL ONLINE: Welche Sicherheitsvorkehrungen sollte man dabei beachten?

Szewzyk: Es gibt Fachfirmen, die auf solche Arbeiten spezialisiert sind – die sollte man beauftragen. Das Wichtigste ist, dass man möglichst wenig Staub freisetzt, damit sich die Sporen nicht verbreiten können. Dafür sollte man die Schimmelpilze zunächst mit einer Klebefolie oder einer speziellen Flüssigkeit fixieren und dann erst die Tapete abreißen. Die verschimmelte Tapete sollte man außerdem direkt einpacken und nicht ungeschützt durch die Wohnung tragen. Bei großen Schimmelschäden schottet man den kontaminierten Raum mit einer Schleuse ab.

SPIEGEL ONLINE: Muss der Putz unter einer verschimmelten Tapete auch entfernt werden?

Szewzyk: Das kommt darauf an, wie tief die Feuchtigkeit eingedrungen ist. Wenn die Feuchtigkeit aus dem Raum kommt, ist oft nur die Tapete betroffen, und es reicht, sie zu entfernen. Wenn dagegen die Wand wegen eines Schadens im Haus feucht ist, ist oft auch der Putz betroffen. Dann sollte auch der Putz entfernt werden.

SPIEGEL ONLINE: Wie?

Szewzyk: Es gibt Spezial-Fräsen, die den Putz abtragen und das verseuchte Material direkt aufsaugen. So verhindert man, dass allzu viele Schimmelpilzsporen in die Umgebung gelangen. Als letzter Schritt sollte eine Feinreinigung gemacht werden, das ist eine Art sehr gutes Staubentfernen, bei der alle Oberflächen noch mal gereinigt werden. Sie dient der Sicherheit, weil sich während der Sanierung eben doch Schimmelpilzsporen verteilt haben könnten.

SPIEGEL ONLINE: Was bringt es, Schimmel mit Alkohol abzuwischen?

Szewzyk: Es wird zu viel desinfiziert bei der Schimmelsanierung. Viele Mittel wirken nicht so effektiv, wie behauptet wird, und selbst wenn sie wirken, sind die Pilze höchstens tot, aber noch immer da. Auch die abgetöteten Schimmelpilze können eine reizende und allergische Wirkung haben. Desinfektion ist bei einer fachgerechten Sanierung nicht notwendig. Auch danach noch mal den gesamten Raum zu desinfizieren, um vermeintlich alle Schimmelpilze abzutöten, ist nicht sinnvoll!

SPIEGEL ONLINE: Aber kann eine Desinfektion nicht helfen, während man auf eine Sanierung wartet?

Szewzyk: Wenn die Sanierung noch nicht gleich stattfinden kann, etwa weil die Wand noch feucht ist, kann man so verhindern, dass der Schimmel noch weiter wächst, bis er entfernt wird. Fachfirmen haben spezielle Mittel dafür. Für den Privathaushalt schlagen wir Alkohol vor, weil er die geringsten Nebenwirkungen hat und die meisten Menschen ihn in Form von Spiritus zu Hause haben. Wenn die Flächen zu groß sind, sollte man das aber nicht mehr machen.

SPIEGEL ONLINE: Warum?

Szewzyk: Damit man von den Dämpfen nicht umkippt. Man sollte unbedingt gut lüften, auch damit es nicht zu Entzündungs- und Verpuffungsreaktionen kommt.

SPIEGEL ONLINE: Wie dekontaminiert man Gegenstände, die in Räumen mit Schimmel aufgehoben wurden?

Szewzyk: Wenn der Schimmel an der Wand war und die Gegenstände einfach im selben Raum standen, ist das unproblematisch. Glatte Oberflächen kann man abwischen, da reicht auch ein normaler Lappen mit Spülmittel. Rauere Flächen kann man mit einem Staubsauger putzen, der einen Schwebstoff-Filter, genannt HEPA-Filter, hat.

SPIEGEL ONLINE: Was ist, wenn Materialien selbst mit Schimmel überzogen sind?

Szewzyk: Auf Massivholz-Schränken wachsen die Schimmelpilze meistens nur an der Oberfläche. Die kann man mit einem nebelfeuchten Lappen abwischen – oder, falls der Schimmel doch ein bisschen tiefer eingedrungen ist, abschleifen. In Sperrholz dagegen kann Schimmel tiefer eindringen. Wenn das der Fall ist, bleibt nur, die Gegenstände komplett zu entsorgen. Das Gleiche gilt für Polstermöbel.

SPIEGEL ONLINE: Wie sieht es mit Kleidung aus?

Szewzyk: Bei Kleidung, die im selben Raum mit Innenraumschimmel war, geht es nur darum, die locker draufliegenden Sporen zu entfernen. Sie kann problemlos weiter verwendet werden, einfach indem man sie ganz normal wäscht, ohne Desinfektionsmittel. Wenn Schimmel dagegen richtig auf Kleidung gewachsen ist, ist es oft unmöglich, diese wieder sauber zu bekommen. Die Sporen bekommt man oft weg, aber der Geruch und die Verfärbung bleiben. Wir hatten schon die Anfrage, ob man in solch einem Fall die Kleidung nicht in der Waschmaschine waschen kann – und zwar mit Ethanol statt Wasser. Auf keinen Fall, da kann das ganze Haus explodieren!

 

Ein Interview mit Frau Szewzyk vom Umweltbundesamt

Regine Szewzyk leitet das Fachgebiet „Mikrobiologische Risiken“ im Umweltbundesamt, das den „Ratgeber: Schimmel im Haus“ verantwortet. Die Mikrobiologin hat an der Uni Konstanz promoviert und danach an der Uni Göteborg und am seuchenhygienischen Institut in Stockholm geforscht.

 

http://www.spiegel.de/gesundheit/diagnose/schimmel-in-gebaeude-am-wichtigsten-ist-es-die-raeume-zu-trocknen-a-997180.html

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