Wo Strom fließt, entstehen Magnetfelder. Magnetische Wechselfelder durch Netz- und Bahnstrom stehen im Verdacht, Krebs auszulösen.
Der deutsche Grenzwert lässt vielhundertfach höhere Belastungen zu, als für den vorsorgenden Gesundheitsschutz nötig wäre und in den Nachbarländern problemlos möglich ist!
Magnetfelder werden in Mikrotesla (µT) oder dem tausendsten Teil davon – Nanotesla (nT) – gemessen.
1 µT = 1.000 nT
Gesundheitsschutz durch Grenzwerte – Fehlanzeige
Die WHO sieht ein erhöhtes Risiko ab 0,3 bis 0,4 µT, das Bundesamt für Strahlenschutz ab 0,4 µT – deutsche Bürger haben in Ihren Wohnräumen aber nur Anspruch auf den deutschen Grenzwert von 100 µT (bzw. 300 bei Bahnstrom).
In der Schweiz gilt für Wohnräume ein Grenzwert von nur 1 µT – und dennoch blüht dort die Wirtschaft, Züge rollen und es gibt Elektrizität.
Man sieht – Gesundheitsvorsorge wäre leicht möglich, wenn man nur wollte!
Technische Hintergründe
Zugverkehr sorgt für abrupte Stromspitzen und damit ebensolche Magnetfeldschwankungen. Das bedeutet nicht nur eine Herausforderung für die Messung, sondern auch für die Beurteilung der Messwerte. Der Medizin stellt sich die Frage, wie solche stark schwankenden Magnetfelder einzuschätzen sind: Was zählt hier, die scharfe Spitze, der Mittelwert oder beschreibt eine andere statistische Größe die Wirkung besser?
Statistik: Spitzenwert, Mittelwert, Perzentile
Gerade beim Bahnstrom mit seinen starken Schwankungen und teilweise extrem scharfen Spitzen liegen der Mittel- und der Spitzenwert weit auseinander, wie die Grafik zeigt. Es handelt sich um eine 3-Tages-Messung in einem Haus an einer Bahnlinie. Deutlich erkennbar sind im zappeligen Verlauf der Messkurve die kurzen Absenkungen der drei Nächte – hier fuhren keine S-Bahnen und auch kaum Fernverkehr.
Bahnstrom: Die violette Linie zeigt den Mittelwert der Belastungen.
Die Konstruktion eines Wirkungszusammenhangs mit dem Mittelwert wäre hier rein akademisch.
Denn – dieser liegt bei grade mal 7% der Spitze!
Dennoch sind die (viel zu hohen) Grenzwerte leider auf den (viel zu niedrigen) Mittelwert bezogen…
Netzstrom: Ganz anders stellt sich der Zusammenhang beispielsweise bei einer Überlandleitung dar. Auch hier sind wieder 3 Nachtabsenkungen ablesbar, der Verlauf aber deutlich ruhiger.
Der Mittelwert beträgt immerhin 70% der Spitze.
Machen Magnetfelder krank?
Dieser Frage gehen Wissenschaftler schon seit Mitte des zwanzigsten Jahrhunderts nach. Wertheimer und Leeper erkannten bei epidemiologischen Studien schon 1979, dass kindliche Leukämie und Hirntumore gehäuft bei Anwohnern von Hochspannungsleitungen auftreten. Das wurde bestätigt und veröffentlicht von der WHO: Vorsorgewert 0,3 – 0,4 µT
(Electromagnetic Fields and Public Health: Extremely low frequency fields and cancer. WHO Fact Sheet #263 October 2001)
Grenzwerte international
In der Schweiz gilt ein Grenzwert für Wohnräume von 1 µT – deutsche Bürger haben in Ihren Wohnräumen aber nur Anspruch auf den deutschen Grenzwert von 100 µT bzw. 300 µT bei der Bahn.
Sind deutsche Kinder etwa hundertfach robuster als Schweizer?
Wissenschaft international
Die Wissenschaft ist sich uneins, wie ein im Sekundentakt stark schwankendes Magnetfeld bezüglich seiner biologischen Wirkung einzuschätzen ist. Sowohl die Grenzwerte als auch die gesundheitlichen Untersuchungen beziehen sich auf Mittelwerte.
Ja – und der Bahnstrom? Je stärker und schneller schwankend das Magnetfeld, desto höher die Ströme im leitfähigen (menschlichen) Körper – soweit die Physik. Ob da der Bahnstrom-Mittelwert wirklich die angemessene Beurteilungsgrundlage ist? Genau kann das heute niemand sagen …
Baubiologische Vorsorge
Die Baubiologie verwendet als Beurteilungswert nicht den Mittelwert, aber auch nicht den Spitzenwert – sondern eine statistische Größe dazwischen. Das 95. Perzentil beschreibt den Wert, den 95% der Messwerte unterschreiten und nur 5% der Messwert übertreffen.
Beim Blick auf die Grafik erscheint das sinnvoll und weder über- noch untertrieben.
Das 95.Perzentil beträgt ein knappes Drittel der Spitze.
Übrigens: Eine aktuelle Studie zeigt ein erhöhtes Fehlgeburts-Risiko ab 0,25 µT – wohlgemerkt bezogen auf das 99.Perzentil der Messwerte, was die Schwankungen noch stärker berücksichtigt als das baubiologische 95.Perzentil. Die Wissenschaft sieht es also mittlerweile wie die Baubiologie: Der Mittelwert beschreibt nicht die biologischen Wirkungen!
Vielleicht geht langsam auch den Strahlenschützern mal ein Licht auf.
Über die besonders große Reichweite von Bahnstrom: Weiterlesen